Sich selber lieben

Viele von uns haben noch gelernt, dass Selbstliebe und Egoismus nicht weit voneinander entfernt sind. Dabei kann es keinen größeren Unterschied geben, als zwischen diesen beiden Begriffen. Sich selber lieben hat eine Tiefe und so viele Facetten, dass es oft viele Jahre dauert, sich diesem Zustand zu nähern.

Egoismus beschränkt sich, wie der Name schon sagt, auf unser Ego. Und unser Ego ist sehr eng mit der materiellen Welt verbunden. So geht es bei diesem Ansatz darum, den Egobedürfnissen nachzugeben. Das hat oft wenig mit Liebe oder gar mit Selbstliebe zu tun.

Sich selber lieben

…bedeutet, sich selber komplett anzunehmen, wie man ist. Mal eben so lapidar daher gesagt. Doch wer kennt sich schon wirklich selbst? Zumal ja dazu auch alle unsere ungeliebten Eigenschaften und Anteile gehören. Nicht, dass dieses Thema jetzt besonders neu ist. Jedoch trotz vieler Jahre lernen, wachsen und annehmen werden wir immer mal wieder von einer neuen Erkenntnis überrascht.

Spiegelübungen, Affirmationen, gesunde Ernährung, innere Kindarbeit etc. sind durchaus verbreitete Methoden zur Steigerung der Selbstliebe und werden oft angewandt. Und doch geschieht es immer wieder, dass wir an einen Punkt kommen, an dem nichts mehr geht. An dem wir alles anscheinend vergessen haben, was wir mal wussten. Wir stecken fest und am weitestens entfernt scheint das sich selber lieben zu sein.

Das Abgespaltene zurückholen

Immer wenn wir an so einem Punkt angelangt sind, gibt es etwas zu integrieren. Nicht immer allerdings haben wir eine Ahnung davon, was es denn zu integrieren gibt. So viele (Seelen)Anteile haben wir offenbar im Laufe unseres Leben abgespalten, weil wir sie nicht mehr haben wollten, so nicht sein wollten oder weil es ein Tabu gibt.

Und hier ist dann die Selbstliebe besonders gefragt. Es gilt ohne Bewertung alle diese Dinge anzusehen, die verletzten oder anderen Teile anzusehen und zu transformieren. Und immer wieder geht es um Gefühle. Mir zum Beispiel begegnen gerade in körperlicher Form jede Menge unterdrückter Gefühle von Wut. Nicht, dass ich diese Wut spüren könnte, das konnte ich offenbar noch nie wirklich, sonst hätte ich sie erst gar nicht so intensiv und erfolgreich unterdrückt.

Mehr oder weniger?

Gerade entsteht in mir das Bild eines Menschen, der im Laufe seines Lebens zwar an Erfahrungen zunimmt, aber auch an energetischer Substanz zunächst immer weniger wird. (und zwar so lange, bis wir diese Substanz wieder zu uns zurük holen)
Ich sehe alle die Persönlichkeits- Anteile, die im Laufe eines Lebens abgeworfen werden, und es erscheint mir, als würde damit unser Wesen geschmälert. Manches Mal haben wir diese Anteile abgelegt, weil wir meinten, über sie hinauswachsen zu müssen, weil dieses oder jenes Verhalten nicht angemessen war.

Wir überwinden uns selbst – das hört sich auch nicht gerade liebevoll an, sondern kämpferisch, angreifend und ausschließend.

Was Hänschen nicht lernt…

Woher sollten wir denn wissen, das sich selbst Überwinden, sich zusammenreißen, uns gar nicht gut tut? Wir haben es nicht gelernt, und wir lehren es auch unsere Kinder nicht. Im Gegenteil, wer sich nicht anpasst wird passend gemacht, notfalls mit Medikamenten.

Liebe dagegen lässt frei, sie nimmt an. Ich darf wütend sein, ich darf Macken haben, an denen sich andere ggf. reiben, und ich darf meine Gefühle zeigen.

Zugegeben, das ist manchmal für die Umwelt verwirrend. Seit einiger Zeit kommen mir schnell die Tränen, wenn mich etwas berührt – irgendein Gefühl, das oft überhaupt nichts mit Trauer zu tun hat. Das kann sogar Wut sein. Es sind all die Gefühle, die ich mir so lange nicht gestattet habe, und es ist noch mehr. Diese Tränen fließen einfach, und es kann ausgesprochen schwierig sein, das einem Fremden im Umfeld zu erklären. Und doch ist es völlig okay. Dann weine ich eben einen Moment.

Und übe mich im mich selbst lieben, gerade dann. Niemand hat behauptet, dass sich selber lieben immer leicht ist.

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